historisch, beschaulich, charmant

Arbeitskreise

Vortrag von Professor Dr. Roland Wielen über die Ursprünge Ersheims im 8. Jahrhundert

Im Rahmen des Jubiläums zur 1250-Jahrfeier begrüßten die Freunde der Hirschhorner Altstadt e.V., Herrn Professor Dr. Roland Wielen aus Eberbach zu einem Vortrag mit ganz besonderem Inhalt.

Forschten doch Herr Professor Wielen und seine Frau Ute über die Ursprünge der Besiedelung Ersheims und veröffentlichten dazu im Jahr 2021 eine Forschungsarbeit mit dem Titel:

„Die frühmittelalterliche Siedlung Ersheim am Neckar und die Richgeres-Sneida im Odenwald.“

Welcher Ort wäre für solch einen Vortrag und diesem Thema besser geeignet, als die Ersheimer Kapelle und dies auch noch am Sonntag des Kirchweihfestes nach dem Gottesdienst.

Der Vorsitzende der Altstadtfreunde Reiner Lange begrüßte die sehr zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besucher. Darunter auch Herrn Bürgermeister Martin Hölz.

Besonders bedankte sich Lange bei Herrn Professor Wielen, dass er sich bereit erklärte, seine Forschungsergebnisse einem breiteren Publikum im Jubiläumsjahr in Hirschhorn zu präsentieren.

So erfuhren auch die ‚alt-eingesessenen‘ Hirschhorner Bürgerinnen und Bürger doch völlig neue Aspekte zu den Anfängen Ersheims.

So ist die Besiedelung Ersheims im 8. Jahrhundert  nicht ohne die politischen Umstände in der damaligen Zeit zu verstehen. Im 8. Jahrhundert regierten die Frankenkönige und führten einen knapp hundertjährigen Missionierungs- und Expanisonskrieg gegen die Sachsen (Anmerkung: im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Gebiete des heutigen Niedersachsen), welche letztlich von Karl dem Großen endgültig unterworfen wurden.

Straßen und Verkehrswege gab es in der damaligen Zeit nicht, und so gestaltete sich ein ‚Reisen‘ durch den Urwald hindurch als äußerst mühsam. Um im Kriegsfalle, die Soldaten schnell an das jeweilige Kriegsgebiet heranzuführen, wurden vermutlich besondere Wegstrecken angelegt. Dabei handelte es sich um gerodete und unbefestigte Waldwege, die nur für Fußgänger und Tragetiere aber nicht für Karren geeignet waren. Ein solcher ‚Weg‘ lässt sich in unmittelbarer Nähe von Ersheim anhand von Dokumenten aus den Jahren 831 und 1012 belegen. Die Richgeres-Sneida – also eine Waldschneise (vermutlich nach einer Person mit Vornamen Richger genannt) – war ein solcher Weg, der sich im Odenwald von Süden nach Norden erstreckte.

Sobald der Heerzug vom jeweiligen Gebieter angeordnet wurde, mussten die Bauernkrieger schwer bepackt und zu Fuß den langen Weg ins Kriegsgebiet antreten. Ausgestattet mit Waffen, Kleidung und Lebensmitteln sollten diese möglichst rasch zu den anderen Truppenteilen herangeführt werden. Dabei handelte es sich um ‚Freie‘ und nicht um Leibeigene, die für Ihre Ausrüstung und Verpflegung selbst aufkommen mussten. Vermutlich entstand Ersheim als Servicestation vor allem für diese Krieger aber auch für andere Benutzer auf der Richgeres-Sneida. So ist davon auszugehen, dass dieser Service auch die Überfahrt über den Neckar mit kleinen Booten beinhaltete. War der Neckar doch ein ‚wilder‘ ungezähmter Fluss mit vielen Gefahren, was eine besondere Geschicklichkeit beim Übersetzen mit Booten erforderte.

Ein Punkt der die These von der Service-Station stützt, ist die Tatsache, dass sich die Ersheimer Siedlung relativ isoliert von den anderen Siedlungen im Elsenzgau befand und der Boden für Ackerbau wenig geeignet war.

Quellen von den Ursprüngen Ersheims und er Richgeres-Sneida im 8. Jahrhundert sind

rar. Erstmals nachweislich urkundlich erwähnt wurde Ersheim in Loscher Codex von 773. Die Forschenden gehen jedoch davon aus, dass der Beginn der Besiedelung Ersheims bereits in den Jahren 740-750 erfolgte.

Es wird angenommen, dass die Siedlung zur damaligen Zeit ca. 40 Personen (Leibeigene und Freie) mit ca. 10 Häusern umfasste.

Professor Wielen zeigte anhand von Kartenmaterial den angenommenen Verlauf der Richgeres-Sneida. So verlief diese wohl auf dem Bergkamm zwischen den Bächen Finkenbach und Gammelsbach (‚Hirschhorner Höhe‘) und setzte sich über die Hirschhorner Steige nach Schönbrunn fort dann westlich vorbei Haag und weiter südlich nach Waldwimmersbach zum Zentrum des Elsenzgaus.

Nach dem 40minütigen interessanten und kurzweiligen Vortrag erhielt Herr Professor Dr. Wielen anhaltenden Applaus und beantwortete im Anschluss noch einige Fragen.

Die Freunde der Hirschhorner Altstadt bedankten sich ebenfalls mit einem kleinen Präsent bei dem Referenten und auch Bürgermeister Martin Hölz ließ es sich nicht nehmen und überreichte Herrn Wielen  eine kleine Aufmerksamkeit im Namen der Stadt. Herr Professor Wielen übergab im Gegenzug Herrn Bürgermeister Hölz ein ausgedrucktes Exemplar der Forschungsarbeit.

Die Altstadtfreunde möchten sich auch bei all denen Bedanken, die diesen Vortrag in diesem besonderen Rahmen überhaupt möglich gemacht haben. Neben dem Referenten ist hier besonders Herr Pfarrer Sijoy zu nennen, der als Hausherr die Kapelle zur Nutzung gerne überließ. Weiterhin zu danken ist dem ganzen Team der katholischen Pfarrgemeinde für die jederzeit freundliche Unterstützung, Herrn Ebert von experience-Veranstaltungstechnik für die Licht- und Tontechnik und der Sparkassen-Stiftung für die Beteiligung an diesem kulturellen Event.

Nach der Veranstaltung gab es bei den zahlreichen Gästen noch etliches zu diskutieren und so nutzten viele die Gelegenheit das Mittagessen auf der Ersheimer Kerwe einzunehmen.

Weitergehende Informationen:

Die Forschungsarbeit ist ausschließlich digital erschienen und kann kostenlos über die Universität Heidelberg bezogen werden.

Literatur:

Roland Wielen und Ute Wielen:

Die frühmittelalterliche Siedlung Ersheim am Neckar und die Richgeres-Sneida im Odenwald – Universität Heidelberg, HeiDOK, Heidelberg 2021

Persona:

Professor Dr. Roland Wielen ist emeritierter Professor der Universität Heidelberg. Seit 1963 war Herr Wielen am astronomischen Recheninstitut tätig. In der Zeit von 1978-1985 war er Direktor des Instituts für Astronomie und Astrophysik an der technischen Universität Berlin. Ab 1985 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2004 war Professor Wielen Direktor des astronomischen Recheninstituts in Heidelberg. Seine 2021 verstorbenen Frau Ute arbeitete zunächst als wissenschaftliche Assistentin an der Sternwarte Babelsberg und nach Ihrer Flucht aus der DDR an der Freien Universität Berlin. Ab 1963 war sie am Institut für theoretische Astrophysik tätig. Als besondere Ehrung wurde ein kleiner Planet zwischen Jupiter und Mars nach ihr benannt.

Vorankündigung – Vortrag im Rahmen der 1250 Jahrfeier der Stadt Hirschhorn über die Ursprünge Ersheims im 8. Jahrhundert

Eine ganz besondere Veranstaltung zur 1250 Jahrfeier erwartet alle interessierten Bürgerinnen und Bürger am Sonntag, den 30.07.2023.

Im Rahmen der 1250 Jahrfeier konnten die Freunde der Hirschhorner Altstadt e.V. Herrn Professor Dr. Roland Wielen für einen Vortrag über die Besiedelung Hirschhorns im 8. Jahrhundert gewinnen.

Herr Professor Wielen und seine Frau Ute veröffentlichten im Jahre 2021eine Forschungsarbeit mit dem Titel:

 

„Die frühmittelalterliche Siedlung Ersheim am Neckar und die Richgeres-Sneida im Odenwald.“

 

Dies ist die erste umfangreichere Arbeit, die sich dezidiert mit der Besiedlungsgeschichte Ersheims befasst und letztlich erklärt, weshalb wir in diesem Jahr überhaupt unser Jubiläum feiern können.

Welcher Zeitpunkt wäre deshalb besser geeignet als das Wochenende der Ersheimer Kerwe, um etwas tiefer in diese Thematik einzutauchen.

So freuen wir uns auf dieses Highlight und bedanken uns vorab auch bei der Stiftung der Sparkasse Starkenburg für die Unterstützung zur Realisierung dieser Veranstaltung.

Es wäre sehr schön, wenn möglichst viele interessierte Besucher und Besucherinnen dieses Angebot wahrnehmen würden.

 

Wann: Sonntag, den 30.07.2023

Wo: Ersheimer Kapelle

Uhrzeit: 11.15 Uhr (nach der Gottesdienst zur Ersheimer Kerwe)

Dauer: ca. 30-40 Minuten

Der Eintritt ist frei.

 

Nachbetrachtung – Der etwas andere Blick auf die Hirschhorner Geschichte – Ausstellung im Mitteltorturm

Am Sonntag den 30.04. und am Montag den 01.05.2023 öffnete nach 4 Jahren der Pandemie der Mitteltorturm für Besucher und Besucherinnen seine Pforten. Im Rahmen der 1250-Jahrfeier der Stadt Hirschhorn wurde der Mitteltorturm von den ‚Freunden der Hirschhorner Altstadt‘ gesäubert und für die Allgemeinheit mit einer Ausstellung der besonderen Art hergerichtet.

‚Der etwas andere Blick auf die Hirschhorner Geschichte‘ erlaubte in den drei zugänglichen Etagen des Turmes eine Zeitreise in den Alltag der Menschen in den letzten Jahrhunderten.

Ludwig Schmeisser erläuterte in der offiziellen Eröffnung die Gedankengänge der kleinen Ausstellung.

So wurden die Ausstellungsstücke den einzelnen Stockwerken zugeordnet.

Im unteren Stockwerk waren Küchengeräte und Gefäße zu sehen, die aus dem häuslichen Alltagsleben stammten. Der dunkle Raumeindruck entsprach so ganz dem Lebensgefühl früherer Burg- und Schlossküchen.

Im mittleren, wesentlich helleren Raum, wurden unterschiedlichen Themen des Alltags angesprochen wie Kirche und Religion sowie die häuslichen und privaten Dinges des Lebens. Die ausgestellten Stücke zeigten, wie sich der Alltag, das heißt Arbeit, Freizeit aber auch Religion und gemeinsames soziales Leben in früherer Zeit gestaltete. Eine Besonderheit der Ausstellung war, dass alle Gegenstände Geschichten aus Hirschhorn und deren Familien erzählten – in einer Vielfältigkeit und Buntheit –  wie das Leben selbst.

Stammten doch alle Exponate aus Privatbesitz und sind sonst museal nicht zugänglich.

Im obersten zugänglichen Stockwerk des Turmes erwartete den Besucher u.a. Dokumente über die Entstehung der Elektrizitätsgewinnung in Hirschhorn, als auch und ein Eindruck von dem militärischen Leben und der Handwerkskunst.

Nach den Erläuterungen zur Ausstellung, referierte Reiner Lange über die Historie des Mitteltorturmes.

So datieren Untersuchungen der Balken auf die vermutliche Entstehungszeit in den Jahren zwischen 1393 und 1395. Der Wehrturm als Teil der Stadtwehranlage erbaut, ist der Mitteltorturm eines der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Stadttore des Neckartals. Als im Zuge der Reformation und Gegenreformation der letzte Hirschhorner Ritter Friedrich die Marktkirche 1628 bis 30 als lutherische Stadtkirche an das Mitteltor bauen ließ, wurde der einstige Wehrturm zum Kirchturm. Seit 1730/1731 als Teil der katholischen Marktkirche. Die vier heutigen Glocken im Turm wurden 1952 neu gegossen, nachdem die vorherigen Glocken im Zuge des 2. Weltkrieges eingeschmolzen wurden. Nachdem in der Folgezeit der Mitteltorturm zunächst als Speicher und Aufbewahrungsraum diente, sanierten im Jahre 1998 einige engagierte Hirschhorner Bürger die Räume. Eine Arbeit, die ihre positiv sichtbaren Zeichen hinterlassen hat und den Innenteil des Turmes bis in die heutige Zeit in neuem Licht erscheinen lässt.

Aufgrund des schönen Wetterlage und dem gleichzeitig auf dem Marktplatz stattfindenden Maibaumfest der Freiwillen Feuerwehr, war der Besucheransturm teilweise kaum zu bewältigen. Ein schönes Miteinander unterschiedlicher Vereine im Herzen der Altstadt, trug zum Erfolg aller bei.

In einem Grußwort bedankte sich Bürgermeister Hölz als Schirmherr der Veranstaltung bei den Altstadtfreunden für das Engagement und die Turmöffnung mit der Ausstellung.

Eine besondere, zusätzliche Freude bereitete während der offiziellen Eröffnung das Bläserquintett der Katholischen Kirchenmusik, die mit speziell ausgewählten Stücken der Turmmusik die Zeremonie begleiteten. Vielen Dank an die fünf Musiker für die schönen Klänge.

Dank zu sagen gilt es auch all denen, ohne die eine solche Ausstellung nicht möglich wäre. Nach Jahren der Pandemie ein besonderes Dankeschön an das Reinigungsteam sowohl im Innenraum als auch im Außenbereich. Hatte sich doch in der Zeit erheblicher Säuberungsbedarf ergeben.

Das Dekorationsteam leistete ebenfalls ganze Arbeit und ließ den Turm nochmal in einer ganz besonderen Art wirken. Dank gilt auch der Stadt Hirschhorn für die Übernahme der Schirmherrschaft aber auch dem Aufsichtspersonal an den Öffnungstagen.

In der Nachbetrachtung erreichten die Altstadtfreunde viele positive Reaktionen. Dies ist Ansporn auch zum Tag des Denkmals am 10. September den Turm wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Seien sie gespannt, welche Ausstellung sie dann wieder in einem der ältesten Gebäude Hirschhorns erwartet.

Wir danken allen Besucherinnen und Besuchern für ihren Blick in den Turm und freuen uns auf das nächste Mal.

 

Quelle: Stadtanzeiger

Datum: 12.05.2023

Eine andere Sicht auf den Mitteltorturm – Bericht in der RNZ

Ausstellung in einem der ältesten Gebäude der Stadt zeigt historischen Alltag der Hirschhorner

Hirschhorn. (alr) Mit dem Beginn des Wonnemonats Mai gibt es auch eine neue Ausstellung im Mitteltorturm. Der Verein ,,Freunde der Hirschhorner Altstadt“ hat eine Ausstellung zusammengestellt, die einen besonderen Blick auf den Turm und die Stadt wirft. In dem kleinen Raum auf der ersten Etage des Turms sind ungefähr ein Dutzend Besucher zur Eröffnung erschienen, inklusive Bürgermeister Martin Hölz. Mittelpunkt der Ausstellung ist der Alltag sowie die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des  Mitteltorturms. Er ist nicht nur das älteste Gebäude der Stadt — abgesehen von der Burg und der Ersheimer Kirche — sondern auch eines der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Standorte des Odenwaldes“, eröffnet Reiner Lange, Vorsitzender der ,,Freunde der Hirschhorner Altstadt“ seine Rede zur Vernissage. ,,Der Mitteltorturm hatte als Wachturm und später als Kirchturm, was seinen Erhalt sicherte, sowohl eine profane wie religiöse Funktion“, erklärt Ludwig Schmeisser, Beisitzer des Vereins.

Nach der Eröffnung gab es einen Sektempfang im Mitteltorturm

Die Konzeption der Ausstellung orientiere sich an der Wirkung der Räume:
,,Es gibt einen Hell- und Dunkelwechsel von engem Treppenraum und sich
öffnenden Etagenraumen“, sagt Schmeisser. Die Exponate seien in einer
Selbstverständlichkeit in den Raumen platziert, auch in den Ecken und Nischen.
Es solle beim Besucher der Eindruck erweckt werden, als waren die Bilder
und Objekte schon immer dort gestanden, erklärt der Beisitzer. ,,Dahinter
steckt die Absicht den musealen Charakter dieser Ausstellung bewusst zu vermeiden.“
Aufgeteilt sind die Exponate auf zwei Stockwerke. Im unteren Raum finden sich Gegenstande rund um die Küche und den häuslichen Alltag. Auf der mittleren Etage, die

Verschiedene Exponate wie Töpfe und Kochlöffel rund um die Küche und das häusliche Leben gibt es in der unteren Etage.

sehr viel heller ist, werden verschiedene Themen aus dem privaten und häuslichen Leben angesprochen. Mittelpunkt ist auf diesem Stockwerk das soziale Leben, das sich aus Arbeit, Freizeit, vor allem aber Religion zusammensetzt.
,,Dieser Raum ist wie ein buntes Kaleidoskop des Alltags“, beschreibt Schmeisser.
Für die musikalische Umrahmung der Eröffnung sorgte ein Quintett der Katholischen Kirchenmusik Hirschhorn. Gespielt wurden passend zur Lokalität Stücke aus den
Turmmusiken von Johann Christoph Pezel.

Seit 2012 wird der Mitteltorturm immer wieder für Ausstellungen genutzt.
Dies solle auch so weiter geführt werden, sagt Lange. Besonderer Dank gilt den Reinigungskräften, die den Turm in Stand gehalten haben, auch als er der Öffentlichkeit
nicht zuganglich war.

@ Info: Weitere Möglichkeiten die Ausstellung zu sehen gibt es am 10. September, Tag des Denkmals, und am 17.September, Tag des offenen Ateliers, jeweils von 12.30 bis 17 Uhr sowie an der Finissage am 23. September von 14 bis 17 Uhr.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung

Region Eberbach

Datum: 09.05.2023

Redakteurin: Allissa de Robillard

Vorankündigung – ‚Der andere Blick auf die Geschichte Hirschhorns‘ – Ausstellung im Mitteltorturm am 30.April/01. Mai 2023 – Bericht im Stadtanzeiger

Der Mitteltorturm erzählt seine Geschichte in Objekten, Bildern, Alltagsgegenständen sowie alten Dokumenten sowohl im Innenraum als auch außen.

Lassen Sie sich ein, auf eine besondere Begegnung.

Am Sonntag, den 30.04.2023 wird diese Ausstellung eröffnet und bleibt auch am 01. Mai geöffnet.

Wir freuen uns schon darauf, möglichst viele interessierte Besucher und Besucherinnen begrüßen zu dürfen.

Die offizielle Eröffnung mit kurzer Einführung in die Ausstellung und einem Kurzvortrag zur Geschichte des Turmes ist am Sonntag, den 30.04.2023 um 12.30 Uhr.

Die Freunde der Hirschhorner Altstadt freuen sich auf Ihren Besuch.

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass am gleichen Tage das Maibaumfest der Freiwilligen Feuerwehr auf dem Marktplatz stattfindet. Dort werden Sie mit Speis- und Trank versorgt. Verbringen Sie so einen abwechslungsreichen Tag im Herzen der Altstadt.

Öffnungszeiten:

Sonntag 30.04.2023: 12.30 Uhr bis 17 Uhr mit Turmführungen

Montag: 01. Mai: 11 Uhr bis 17 Uhr

Der Eintritt ist frei.

Sicherheitshinweise: Aufgrund brandschutzrechtlicher Vorschriften ist der gleichzeitige Besuch im Turm auf 25 Personen begrenzt. Weiterhin ist zu beachten, dass für mobilitätseingeschränkte Personen der Zugang nicht geeignet ist.

Teilnahme am Kultursommer Südhessen am 21. und 22. September 2019

In diesem Jahr beteiligen sich die Freunde der Hirschhorner Altstadt am Kultursommer Südhessen. Besonders freut es uns, dass wir mit Christoph Garstka ein künstlerisches ‚Multitalent‘ für das dieses Event gewinnen konnten.

Tauchen Sie ein, in ein imaginäres Atelier eines besonderen Künstlers.

L’atelier imaginaire

Christoph Garstka

 

Fotorealistische Bleistiftzeichnungen und DigitalArt

Buchvorstellung: „DIE STADT AM FLUSS“

 

Zur Ausstellung:

Christoph Garstka zeigt fotorealistische Bleistiftzeichnungen und DigitalArt. Im Mittelpunkt der Arbeiten steht die Darstellung einer imaginären Frauenfigur. Es soll der Eindruck entstehen, es gäbe diese Frau tatsächlich, und es handele sich um Fotos. In Wahrheit ist die Figur jedoch gezeichnet und frei erfunden. Seit 2017 entstehen zudem am Computer bearbeitete Montagen aus den Zeichnungen in Verbindung mit echten Fotos, so dass fiktive Fotos entstehe, die quasi den umgekehrten Weg von der Zeichnung zurück zum Foto gehen.

Buchvorstellung: Vorstellung des Romans „Die Stadt am Fluss“, der einen unmittelbaren Bezug zum Neckartal und zur Region hat.

Livemusik: Die eigenen Kompositionen sind zusammen mit den Zeichnungen und dem Roman entstanden.

Zur Person: Christoph Garstka wurde 1968 in Hamburg geboren, wuchs jedoch in Neckargerach auf und machte in Eberbach sein Abitur. Später studierte er in Darmstadt an der TH (später TU) zunächst Vermessungswesen, und zog Ende der 90er Jahre nach Münster (Westfalen), wo er über 20 Jahre wohnte, schrieb und zeichnete. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 2013. Im Sommer 2018 kehrte er aus persönlichen Gründen nach Neckargerach zurück und arbeitet aktuell an seinem zweiten Roman mit dem Titel „Westerfeld“.

Wann:                         21. – 22.September 2019

Uhrzeit:                       11 – 17 Uhr

Wo:                             Mitteltorturm am Marktplatz

Vernissage:                 Samstag, den 21.09.2019, 11:00 Uhr Ausstellung, Lesung, Musik

Der Eintritt ist frei.

Wir würden uns freuen, möglichst viele interessierte Besucherinnen und Besucher begrüßen zu dürfen.

Ältestes Revolutions-Denkmal wieder wie neu – Bericht in der RNZ

Gedenkstein für den 1849 gefallenen Leutnant Wedekind auf Schloss Hirschhorn ist restauriert – Prominente Gäste zur Feierstunde

Hirschhorn. „Gefallen auf Schloss Hirschhorn am 14. Juni 1849“ ist auf dem Gedenkstein zu lesen, den die Gefährten von Leutnant Ludwig Wedekind 20 Jahre nach dessen tragischem Tod errichten ließen. Wedekind, 1821 in Nauheim geboren und Mitglied der Turnerwehr in Hanau, kam während der Badischen Revolution mit seiner Kompanie nach Hirschhorn, um die Neckar-Odenwald-Linie gegen die anrückenden Preußen und die Bundestruppen von Beerfelden zu
verteidigen. Die Revolution von damals ist bekanntlich gescheitert, ‚Wedekind wurde versehentlich von den eigenen Leuten erschossen. Vermutlich, weil er einem Turmposten das Passwort nicht schnell genug nannte. Der über all die Jahre unleserlich gewordene und nun frisch restaurierte Gedenkstein im Schlossgarten gilt (abgesehen vom Hambacher Schloss) als ältestes
Denkmal der Badischen Revolution. Bei der Feierstunde, die am „Tag des offenen Denkmals“ witterungsbedingt im Saale stattfand, war deshalb auch Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, zu Gast. „Ich bin dankbar dafür, dass sich so viele Menschen mit der Heimatgeschichte befassen und auf diese Weise Dinge für die Nachwelt erhalten“, sagte er. Damit meinte er die „Freunde der Hirschhorner Altstadt“ unter Vorsitz von Reiner Lange und den „Freundeskreis Langbein’sche Sammlung und Heimat-museum“ mit Aloisia Sauer an der Spitze. An Lange überreichte er im Namen der hessischen Landesregierung einen 500-Euro-Scheck für die zukünftige Arbeit. Laut Meister hat sich in Hirschhorn das letzte Kapitel der Badischen Revolution abgespielt, deren Ziele später zum Kern des demokratischen Verfassungsstaats geworden seien. Angefangen beim Grundrechtekatalog, der 1849 in der Frankfurter Paulskirche entstand, über die Weimarer Verfassung von 1919 bis zum 1949 erarbeiteten Grundgesetz. Die Demokratie definierte der Staatssekretär als „wertgebunden und wehrhaft“, gab aber auch zu bedenken: „Wir leben in einer angespannten Zeit und nichts ist auf Dauer gesichert. “

Ähnlich äußerte sich Bürgermeister Oliver Berthold. Für ihn ist der Wedekind-Gedenkstein „ein Mahnmal der Geschichte“, das nun wieder ins rechte Licht gerückt wurde. Seinen Worten nach muss es den meisten Menschen Mitte des 19.Jahrhunderts schlimmer gegangen sein als im Mittelalter, weil sie oft in großer Armut lebten und ihren Arbeitgebern schutzlos ausgeliefert waren. Ein Nährboden für revolutionäre Gedanken und Taten!
Mit Rüdiger Arlt und dessen Bruder Dietrich waren bei der Feierstunde der Präsident der „Hanauer Turner“ und deren Archivar vertreten. Die „Turngemeinde“ gibt es schon seit 1837, und die Turner müssen nach Schilderung ihres heutigen Präsidenten in den Gründungsjahren
echte „Revoluzzer“ gewesen sein. Ludwig Wedekind soll mit Karl Marx in Kontakt gewesen und von diesem „zu radikal“ eingestuft worden sein. Zum Abschluss einer Ausführungen bedankte sich Rüdiger Arlt für das geschichtliche Interesse der Hirschhorner Vereine, die die
Verbindung nach Hanau halten. Thomas Platte, Direktor des Betriebs Bau und Immobilien Hessen nannte die Summen, die gerade in das Schloss Hirschhorn investiert werden: je eine Million Euro für die Renovierung außen und innen und etwa der gleiche Betrag, um die Zufahrtsstraße zu erneuern. „Jetzt finde ich den Stein“, verriet der stellvertretende Landrat Volker Buser in seinem Grußwort und war ansonsten froh, dass über die Geschichte schon alles gesagt
war. Mit einem Segensgebet von Pfarrer Joshy und seinem Amtskollegen Reinhold Hoffmann aus Rothenberg wäre die Feierstunde zu Ende gegangen, hätte das Publikum nicht noch gemeinsam die „Ode an die Freude“ angestimmt, an der Gitarre begleitet von Richard Köhler. Er hatte um 11 Uhr auch die kostenlose Burgführung übernommen, zu der immerhin an die 30 Gäste kamen. Gut besucht waren am Nachmittag auch die beiden Vorträge zur Badischen Revolution mit Archivar Dr. Rüdiger Lenz.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung,

Region Eberbach

Datum: 11.09.2019

Redakteurin: Karin Katzenberger-Ruf

Kampf für Freiheit und Demokratie – Erinnerung an das Revolutionsjahr 1849 – Bericht im Eberbach-Channel

Fotos Hubert Richter

(hr) Am heutigen “Tag des offenen Denkmals” wurde auf Schloss Hirschhorn ein restaurierter Gedenkstein der Öffentlichkeit übergeben, der an ein Gefecht im Revolutionsjahr 1849 erinnert.

Der Gedenkstein stammt aus dem Jahr 1869 und wurde damals im Gedenken an das letzte Gefecht zwischen Bundestruppen und der Hanauer Turnerwehr während der Badischen Revolution 1848/1849 und speziell an den damals irrtümlich aus den eigenen Reihen erschossenen Leutnant Ludwig Wedekind aufgestellt. Die Hanauer Turner waren dem Hilferuf der Revolutionäre gefolgt und besetzten Hirschhorn, das an der Verteidigungslinie gegen Preußen und Bundestruppen einen strategisch wichtigen Punkt (Neckarübergang) darstellte, am 13. Juni 1849 mit 142 Mann. Am 14. Juni kam es zu dem Zwischenfall, bei dem Ludwig Wedekind von einem eigenen Wachposten versehentlich erschossen wurde. Am 15. Juni wurden die Turner auf Schloss Hirschhorn von den rund 2.000 Mann starken hessisch-bayerischen Bundestruppen angegriffen. Der Angriff scheiterte jedoch, und nach dem Rückzug der Hessen und Bayern verließen die Hanauer Turner, die keine weiteren Opfer zu beklagen hatten, am 16. Juni Hirschhorn und zogen nach Eberbach.

Die Restaurierung des Steins war eine Gemeinschaftsleistung Hirschhorns mit dem Land Hessen und mit Unterstützung der Sparkassenstiftung. Sie war noch durch den im August 2018 verstorbenen Hirschhorner Hobby-Historiker Dr. Ulrich Spiegelberg angestoßen worden.

Bürgermeister Oliver Berthold spannte in seiner Begrüßung (Bild Mitte) einen Bogen vom Einsatz der damaligen Revolutionärer für Demokratie und Freiheit zu den heutigen populistischen Strömungen in Politik und Gesellschaft, deren nach einfachen Lösungen klingenden Parolen und Phrasen immer wieder hinterfragt werden müssten.
Der Parlamentarische Staatssekretär und Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister überreichte eine Geldgabe des Landes Hessen in Höhe von 500 Euro an den Vorsitzenden des Vereins “Freunde der Hirschhorner Altstadt”, Reiner Lange (Bild oben rechts). Meister betonte, dass der damalige Kampf für Freiheit und Demokratie ein wichtiger Markstein auf dem Weg Deutschlands zur heutigen demokratischen Nation gewesen sei, und dass die von der Nationalversammlung damals ausgearbeitete Verfassung den späteren Verfassungen von 1919 und 1949 als fortschrittliches Vorbild gedient habe.
Grußworte hielten unter anderem auch Dr. Rüdiger Arlt, heutiger Präsident der Hanauer Turner, und Thomas Platte, Direktor des hessischen Landesbetriebs Bau und Immobilien, der aktuell rund 3 Millionen Euro in die Sanierung des Hirschhorner Schlosses investiere.
Im Anschluss an den kirchlichen Segen wurde gemeinsam die Europahymne (Beethovens “Ode an die Freude”) gesungen, begleitet von Richard Köhler an der Gitarre (Bild rechts unten).

Eingeladen zu der Feier, die aufgrund des regnerischen Wetters im Seminarraum unter der Schlossterrasse stattfand, hatten die Stadt Hirschhorn, die “Freunde der Hirschhorner Altstadt” und der “Freundeskreis Langbein’sche Sammlung und Heimatmuseum”.

Dr. Rüdiger Lenz, Archivar der Stadt Eberbach und Beauftragter des Archivverbunds Neckartal/Odenwald, hielt einen Vortrag über die “Badische Revolution 1848/1849 und Auswirkung bis in die heutige Zeit”.

Quelle: Eberbach-Channel 

Datum: 08.09.2019

Redakteur: Hubert Richter

Der restaurierte Wedekindstein erinnert an die Badische Revolution 1848/49 – Bericht in den Neckartal-Nachrichten

Die hessische Neckarstadt spielte eine bedeutende Rolle in der Badischen Revolution. Eines der letzten Kapitel der Ereignisse 1848/49 wurde in Hirschhorn geschrieben. Hanauer Turner und Bundestruppen lieferten sich rund ums Schloss Mitte Juni 1849 ein Gefecht. Unglücksrabe war Ludwig Wedekind: Der fiel „Friendly Fire“ zum Opfer, nachdem er wohl nicht schnell genug das Passwort wusste und von den eigenen Leuten erschossen wurde. Ihm zu Ehren wurde 1869 ein Gedenkstein errichtet, den man jetzt, 150 Jahre später, frisch restauriert einweihte.

Mit diesem „Wedekindstein“, am Aufgang vom Kloster kommend aufgestellt, hat es eine ganz besondere Bewandtnis. Er stellt neben dem Hambacher Schloss das einzige bauliche Denkmal zur Erinnerung an die Badische Revolution dar. Entsprechend prominent besetzt war die Riege der Laudatoren, allen voran der CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär Michael Meister. Begrüßt und ins Thema eingeführt hatte Bürgermeister Oliver Berthold.

Es war an diesem Nachmittag viel von Freiheit und der wehrhaften Demokratie die Rede, „die man sich jeden Tag neu erarbeiten muss“ (Meister). Heutzutage müsse man wieder lernen, dass beides nicht auf ewig gesichert sei, sagte er mit Blick auf aufflammende braune Umtriebe. Der MdB zeigte die Parallelen des 1949 verabschiedeten Grundgesetzes mit der Paulskirchen-Verfassung von 1849 auf. Deutschland sei, betonte er, „aufgrund seiner Verfassung in einer guten Verfassung“.

Für die mit organisierenden Hirschhorner Altstadtfreunde gab’s 500 Euro vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, überreicht von Meister an den Vorsitzenden Reiner Lange. Sie hatten gemeinsam mit der Stadt sowie dem Freundeskreis Langbein’sche Sammlung und Heimatmuseum im Gedenken an den im vergangenen Jahr verstorbenen Hirschhorner Stadthistoriker Ulrich Spiegelberg das Projekt zu Ende geführt.

Von den Hanauer Turnern waren Archivar Dietrich Arlt und Präsident Rüdiger Arlt vor Ort. Letzterer ließ die Geschichte des 1837 gegründeten „altrechtlichen Vereins“ (a.V.) humorvoll Revue passieren. Neben Christian Lautenschläger war August Schärttner einer der Gründer. Der, so Arlt, „war kein Sportler, sondern Revoluzzer“. Es wird kolportiert, dass Schärttner sogar seinem Weggefährten Karl Marx zu radikal war.

Als Anfang Juni 1849 der Hilferuf von den badischen Freunden kam, zogen in Hanau 300 Kampfeswillige los. Arlt ging auch auf den Pechvogel Wedekind, einen Goldschmied, ein. Er war der zweite Turner, der damals außerhalb des Schlachtfeldes fiel. Nach der Kapitulation flohen viele Hanauer über die Schweizer Grenze. Wer blieb, kam lange Jahre ins Zuchthaus. Auch Arlt fand mahnende Worte: „Viele von denen, die er heute aufwachsen, wissen es nicht mehr wertzuschätzen, wie gut es uns geht.“ Die damalige Aktion bezeichnete er als Grundstein der Demokratie.

Volker Buser würdigte als Vertreter von Landrat Christian Engelhardt das Wirken Spiegelbergs für die Stadt. Die Wiedereinweihung bezeichnete er als großem Moment für Hirschhorn und den Kreis. Thomas Platte, Direktor des Landesbetriebes Bau und Immobilien, ging kurz auf die laufenden Maßnahmen rund ums und im Schloss ein, die zusammen etwa drei Millionen Euro kosten. Auch in heutigen Zeit, bedauerte er, „wird so mancher von hinten erschossen“. Dieses Mal durch die sozialen Medien: durch solche, von denen es man nicht vermute.

Pfarrer Joshy und sein evangelischer Amtskollege Reinhold Hoffmann sprachen den Segen. Hoffmann hatte ebenfalls mahnende Worte parat. Er wies, auch wenn es vielleicht komisch klinge, auf das Misstrauen als Grundbestandteil der Demokratie hin. Angesichts vieler „Fake News“ der heutigen Zeit forderte er dazu auf, immer zu hinterfragen und nichts als gegeben hinzunehmen. Für die musikalische Umrahmung sorgte Richard Köhler. Archivar Dr. Rüdiger Lenz sprach später zum Thema „Badische Revolution 1848/1849 und Auswirkungen bis in die heutige Zeit“.

Die Badische Revolution rund um Hirschhorn

Längs der Neckar-Odenwald-Linie war eine Verteidigungsstellung gegen die heranrückenden Preußen und Bundestruppen aufgebaut worden. Die Hanauer Turnerwehr, verstärkt durch Heilbronner Turner, war dem Hilferuf der badischen Revolutionäre gefolgt. Das strategisch wichtige Hirschhorn wurde am 13. Juni 1849 besetzt. Der „Traum von der Freiheit“ und einem Deutschen Staat scheiterte später an den deutschen Fürsten.

Am Abend des 15. Juni kam es zum Gefecht zwischen mit den von Beerfelden herangerückten Bundestruppen – kurhessische Infanterie und bayerische Jäger, verstärkt durch zwei mecklenburgische Geschütze, insgesamt etwa 2000 Mann. Nach einem Vorpostengefecht mit Kanonenbeschuss an der Schneidmühle erfolgte der Angriff auf die Burg, in der sich die Hanauer verschanzt hatten.

Hilfe wurde den Turnern zuteil durch Freischärler, die von Heddesbach aus herangerückt waren und die Bundestruppen im Rücken angriffen. Nach erfolglosem Sturm auf die Burg entschloss sich Oberst Weiss als Kommandeur der hessisch-bayerischen Truppen zum Rückzug, da er seine Stellung ungeschützt vorfand und umfangreiche Verbände von Freischärlern in der näheren Umgebung vermutete. Die Hanauer Turner wiederum verließen Hirschhorn am Morgen des 16. Juni und zogen sich ins benachbarte Eberbach zurück.

Das Gefecht von Hirschhorn blieb im Rahmen der Revolutionsereignisse eine Episode. Als Achtungserfolg fand es jedoch große Beachtung. 20 Jahre später bekam Wedekind von seinen ehemaligen Kampfgefährten im Rahmen einer Gedenkfeier einen Grabstein gesetzt. Die Gedenkrede hielt der Hanauer Wilhelm Kämmerer als einer derjenigen, die in Hirschhorn gekämpft hatten. Er war erst 1860 wieder aus der Haft freigekommen.

 

Quelle: Neckartal-Nachrichten 

Datum: 10.09.2019

Redakteur: Thomas Wilken

Bedeutendes Zeugnis deutscher Demokratiegeschichte: Übergabe des restaurierten Wedekindsteins in Hirschhorn am 8. September – Bericht in den Neckartal-Nachrichten

Mit dem Wedekindstein am Hirschhorner Schloss hat es eine ganz besondere Bewandtnis. Er stellt neben dem Hambacher Schloss das einzige bauliche Denkmal zur Erinnerung an die Badische Revolution von 1848/49 dar. Dabei ist der Hintergrund seiner Errichtung 1869 eher tragisch: Ludwig Wedekind wurde 20 Jahre zuvor von den eigenen Leuten erschossen. Am Tag des offenen Denkmals, Sonntag, 8. September, wird das restaurierte Zeitzeugnis ans Land Hessen als Eigentümer des Schlosses übergeben.

Die Restaurierung des Wedekindsteins war eines der Projekte, die der Hirschhorner Stadthistoriker Dr. Ulrich Spiegelberg unbedingt noch realisiert haben wollte. Leider verhinderte sein früher Tod im August vergangenen Jahres die Umsetzung dieses Projektes durch seine Federführung. Im Gedenken und als Verpflichtung sahen sich die Stadt Hirschhorn und die beiden Vereine Freunde der Hirschhorner Altstadt sowie Freundeskreis Langbein’sche Sammlung und Heimatmuseum in der Verantwortung, das Projekt abzuschließen.

Zwar waren der eigentliche Termin und die damit verbundenen Jahrestage (170 Jahre Badische Revolution und dem Gefecht um Hirschhorn und 150 Jahre Errichtung des Gedenksteins durch die Hanauer Turnerwehr) im Juni, doch aus organisatorischen und zeitlichen Gründen

war die Gedenkfeier zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Der „Tag des offenen Denkmals“ ist im Hirschhorner Veranstaltungskalender eine feste Größe und für die Feierstunde der geeignete Termin.

Denn: Eines der letzten Kapitel der Revolution 1848/49 wurde in Hirschhorn geschrieben. 1848 hatten die Deutschen Fürsten dem Volksbegehren nach einem einheitlichen deutschen Staat mit einer Verfassung nachgegeben und damit letztlich dem revolutionären Geist den Wind aus dem Segel genommen. Der „Traum von der Freiheit“ und einem Deutschen Staat war gescheitert.

So kam es zur Revolution in der Pfalz und in Baden. Dort wurde die Republik ausgerufen, die sich nun gegen den Deutschen Bund unter der Führung Preußens zu verteidigen hatte. Längs der Neckar-Odenwald-Linie war eine Verteidigungsstellung gegen die heranrückenden Preußen und Bundestruppen aufgebaut worden. Die Hanauer Turnerwehr, verstärkt durch Heilbronner Turner, war dem Hilferuf der badischen Revolutionäre gefolgt. Das strategisch wichtige Hirschhorn als Ort eines möglichen Neckarübergangs wurde am 13. Juni 1849 von der 1. Kompagnie, 142 Mann stark, besetzt.

Am Abend des 15. Juni kam es zum Gefecht zwischen mit den von Beerfelden herangerückten Bundestruppen – kurhessische Infanterie und bayerische Jäger, verstärkt durch zwei mecklenburgische Geschütze, insgesamt etwa 2000 Mann. Nach einem Vorpostengefecht mit Kanonenbeschuss an der Schneidmühle erfolgte der Angriff auf die Burg, in der sich die Hanauer verschanzt hatten. In diesen Wirren wurde irrtümlich Ludwig Wedekind von den eigenen Leuten erschossen. Heute würde man es „Friendly Fire“ nennen.

Hilfe wurde den Turnern zuteil durch Freischärler, die von Heddesbach aus herangerückt waren und die Bundestruppen im Rücken angriffen. Nach erfolglosem Sturm auf die Burg entschloss sich Oberst Weiss als Kommandeur der hessisch-bayerischen Truppen zum Rückzug, da er seine Stellung ungeschützt vorfand und umfangreiche Verbände von Freischärlern in der näheren Umgebung vermutete. Die Hanauer Turner wiederum verließen Hirschhorn am Morgen des 16. Juni und zogen sich ins benachbarte Eberbach zurück.

Das Gefecht von Hirschhorn blieb im Rahmen der Revolutionsereignisse

eine Episode. Als Achtungserfolg fand es jedoch große Beachtung. 20 Jahre später bekam Wedekind von seinen ehemaligen Kampfgefährten im Rahmen einer Gedenkfeier einen Grabstein gesetzt. Die Gedenkrede hielt der Hanauer Wilhelm Kämmerer als einer derjenigen, die in Hirschhorn gekämpft hatten. Er war erst 1860 wieder aus der Haft freigekommen. Kämmerer erinnerte an die Kampftage, an die Zeit nach dem Scheitern der Revolution mit Jahren von Haft und Verbannung, und an die Gefährten, die in der Emigration gestorben waren.

Gestaltung und Ausmaß des Wedekind-Steines lassen erkennen, dass hier nicht nur an einen Grabstein und eine nachgeholte Beerdigungsfeier gedacht war. Der Ablauf der damaligen Gedenkfeier bestätigte auch deren politischen Charakter, mit dem die Teilnehmer durchaus eine Gefängnisstrafe riskierten.

So traten in Hirschhorn die Hanauer Turner auch 1869 zum zweiten Mal mutig für ihre freiheitlichen und demokratischen Ideale ein. Der Gedenkstein ist als ältestes Denkmal zur Badischen Revolution ein bedeutendes Zeugnis deutscher Demokratiegeschichte. Die Schlussworte von Kämmerer, „bleibt treu den Grundsätzen der Freiheit und Humanität“, sind heute noch genauso aktuell damals.

Programm am Tag des offenen Denkmals, 8. September:

11 Uhr: Burgführung, Treffpunkt im Schlosshof (Eintritt frei). Start der Bewirtung am Food-Truck durch Pepe und sein Team.

14 Uhr: Feierstunde mit symbolischer Übergabe des restaurierten Wedekindsteins und der Hinweistafel an das Land Hessen, begleitet durch den Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Michael Meister (CDU)

15.45/16.45 Uhr: Vortrag Archivar Dr. Rüdiger Lenz zum Thema „Badische Revolution 1848/1849 und Auswirkung bis in die heutige Zeit“ (Dauer etwa eine halbe Stunde im Seminarraum unterhalb der Schlossterrasse, Eintritt frei).

17.30 Uhr: Konzert der Katholischen Kirchenmusik Hirschhorn KKM im Schlosshof

 

Quelle: Neckartal-Nachrichten 

Datum: 27.08.2019

Redakteur: Thomas Wilken

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